Zwischen Pflaster und Kalkstein: Die Paderborner Stadtgeschichte aus archäologischer und historischer Sicht
Siedlungsgeschichte im Paderborner Raum – Neue Ergebnisse der Stadtarchäologie Paderborn (2015-2020)
Seit der Gründung und den ersten Ausgrabungen im Jahre 1994 ist die LWL-Stadtarchäologie Paderborn eine feste Institution in der Stadt. Die Einbeziehung der Stadtarchäologie ist fester Bestandteil eines gesetzlich geregelten Procedere. Besonders eindeutig ist dies bei den Baumaßnahmen städtischer und kirchlicher Behörden. Waren früher archäologische Entdeckungen häufig nur dem Zufall, einem fremden Hinweis oder der Hartnäckigkeit der zuständigen Archäologen zu verdanken, gehören heutzutage zum Ablauf jeder Baumaßnahme im Vorfeld eine archäologische Beurteilungen zu den Selbstverständlichkeiten. Aus diesem Gutachten ergibt sich die weitere Vorgehensweise, unter Umständen auch darauffolgende archäologische Untersuchungen.
Das erste Sonderheft dieser neuen, der Stadtarchäologie Paderborn gewidmeten Reihe behandelt Forschungsthemen, die sich auf Grundlage von Grabungsergebnissen des Zeitraums 2015-2020 herauskristallisiert haben.
Ein umfassender, von zahlreichen Bildern begleiteter Aufsatz von Sveva Gai stellt eine Chronik aller durch die intensiven Bautätigkeiten in der Stadt Paderborn verursachten Ausgrabungen dar, die sowohl im Stadtkern als auch in dem umliegenden Stadtgebiet in dem genannten Zeitraum stattgefunden haben. Bedeutungsvoll sind besonders die Siedlungsspuren in Saatental südwestlich von Paderborn, die eine lange Zeitspanne vom Neolithikum bis in die römische Kaiserzeit abdecken, ebenso auch die früh- und hochmittelalterlichen Siedlungsreste einiger der Wüstungen – sowohl im Westen als auch im Osten von Paderborn – die das bisher wenig bekannte Siedlungsbild ergänzen. Darüber hinaus wird mit der Beschreibung der archäologischen Forschungen im Stadtkern der Fokus auf weitere Themen der Stadtentwicklung gesetzt und neue Erkenntnisse zur Topografie und Geschichte einzelner Stadtgebiete dargestellt.
Vier weitere umfangreiche Aufsätze behandeln folgende Einzelthemen: Stefanie Menne und Babette Widmann stellen die Geschichte der Paderborner Domfriedhof unter archäologischen und anthropologischen Gesichtspunkten dar. Thomas Günther präsentiert die historischen und ikonografischen Nachrichten über die Paderboner Stadtmauer. Die Geschichte einer Stadtparzelle an der heutigen Giersstraße, die über mehrere Monate archäologisch untersucht wurde, ist Thema eines weiteren Aufsatzes zweier Autoren. Hier ist die Aufmerksamkeit auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Archäologie und Geschichte gerichtet, die die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen durch Ralf Mahytka mit denen der Archivforschung durch Ralf Otte verbindet. Schließlich behandelt der Beitrag von Michael Ströhmer die Geschichte der Wasserversorgung der Paderborner Stadt anhand einer detaillierten historischen Analyse und der Bearbeitung zahlreicher Schriftquellen.
Diese neue Publikation über die Ergebnisse der Stadtarchäologie in Paderborn setzt die vier Veröffentlichungen zwischen 1994 und 2012 von der Stadtarchäologie Paderborn in der Reihe MittelalterStudien des Verlages Brill Fink fort und will sowohl dem Fachpublikum als auch der interessierten Öffentlichkeit die spannenden Erkenntnisse der archäologischen und historischen Arbeit präsentieren. Zurzeit werden die Manuskripte von Sigrid Vierck lektoriert. Nach Vorstellung der Herausgeber Sveva Gai und Johann-Sebastian Kühlborn soll diese Publikation Ende 2023 / Anfang 2024 vorliegen. (SG)