Rundum die Margarethenklus
Vorbemerkung
Die Texte sind auszugsweise und unverändert der Publikation 'Der Wittekindsberg bei Minden als »heilige Stätte«. 1000 bis 2000' von Heinrich Rüthing entnommen. Seiner Ehefrau Irma Rüthing und Herrn Olaf Eimer, dem Inhaber des Verlages für Regionalgeschichte, sei für die Genehmigung herzlich gedankt.
Prof. Dr. Heinrich Rüthing (1937–2017) lehrte als Mediävist an der Fakultät für Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld. Er gilt als bester Kenner der mittelalterlichen und neuzeitlichen Verhältnisse auf dem Wittekindsberg. Seit den Anfängen der Gesellschaft zur Förderung der Archäologie in Ostwestfalen e. V. bis zu seinem Tod war er deren treues Mitglied.
Die Margarethenklus
Im Jahr 1224 werden in einer Urkunde des Mindener Bischofs Konrad I. (1209-1237) „Güter, die der heiligen Margarete auf dem Wittekindsberg gehören“ genannt. Die meisten Forscher sehen hier wohl zu Recht den ersten gesicherten Hinweis auf die heute noch bestehende „Capella beate Margarete“, in der Neuzeit meistens Margaretenklus genannt. Der im Kern weitgehend unverändert gebliebene apsislose einschiffige gewölbte Bau von zwei Jochen, von Fachleuten ins späte 12. Oder frühe 13. Jahrhundert datiert, ist aus behauenen Sandsteinquadern errichtet und misst außen etwa 16 x 9 m; die Firsthöhe liegt bei 10 m. In sehr vielen älteren und neueren Arbeiten wird die Margaretenkapelle in die Zeit Thetwifs oder in die franziskanische Phase des Wittekindsbergs datiert. Für beide Positionen gibt es keine überzeugenden Gründe.
Im Dezember 1810 wurde das Mindener Domkapitel durch König Jerôme von Westphalen, den Bruder Napoleons, aufgehoben. Berg und Kapelle gingen nach der politischen Neuordnung von 1815 in den Besitz der staatlich-preußischen Forstverwaltung über. Damit drohten … Gefahren; äußere durch Verfall, mögliche Zweckentfremdung oder gar den Abbruch der Margaretenkapelle. Die traditionellen monatlichen Gottesdienste fanden nicht mehr statt. Der historisch so bedeutende Platz … wurde jetzt frei und öffnete manchen neuen religiösen, aber auch gesellschaftlichen, politischen und ideologischen Strömungen des 19. und 20. Jahrhunderts die Chance, den Berg in ihrem Sinne zu nutzen. Der geschichtliche Rang der Margaretenkapelle stand bei Fachleuten, Historikern und Denkmalpflegern, von Beginn der neuen Epoche an nie in Frage.
Als Ansporn und sicher auch als förderlich für das schließlich erfolgreiche Bemühen, die Margaretenkapelle zu retten, dürfte die in der Region immer stärker an Beachtung und Verbreitung gewinnende „Volkssage“ gewirkt haben, „dass hier der Sachsen Heerführer Wittekind, durch Karl's des Großen Besiegung zur Annahme des christlichen Glaubens gezwungen, die heilige Taufe empfangen habe . . .“. Diese Sage war wirkmächtiger als die bei vielen nur bruchstückhaft vorhandenen Kenntnisse von der Geschichte des Ortes, nach denen „eine gewisse Margarethe Tuedewiff“ die Gründerin der so „reizend“ gelegenen Kapelle gewesen sei. Durch Widukind wurde der Berg zu einem Ort „vaterländischer Geschichte“, „jedem deutschen Manne heilig“, an den sich von nun an altgermanische wie christliche Traditionen binden konnten, bis hin zu den verhängnisvollen Formen ihrer Verschmelzung in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts.
Text: Heinrich Rüthing
Der Kreuzstein an der Margarethenklus
Einen weiteren wichtigen Hinweis, dass im Spätmittelalter ein Pilgerweg über das Wiehengebirge führte, gibt ein sog. Sühnestein, vermutlich aus den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts, der einen an dieser Stelle Getöteten knieend und betend in der typischen Pilgertracht der Zeit zeigt. Trotz der Verwitterung sind Stab, Hut, Tasche und Flasche noch deutlich zu erkennen. Dieser 1989 gestohlene etwa 80 cm hohe Sühnestein befand sich am Fuß einer Strecke, die als „Alter Mindener Weg“ und als heute noch deutlich erkennbarer Hohlweg von Eidinghausen-Wöhren aus für etwa 1000 m in nordöstlicher Richtung an der „Krausen Buche“ vorbei führte, ehe sie knapp 4 km westlich der Margaretenkapelle den Kamm des Wiehengebirges erreichte.
Zu den Zeichen am Pilgerweg gehört möglicherweise ein weiterer Stein, der heute an der westlichen Außenmauer der Margaretenkapelle aufgestellt ist. Die etwa 185 cm hohe und 65 cm breite Sandsteinplatte zeigt in klaren Formen ein auf einem Tragestab ruhendes griechisches Kreuz mit leicht verbreiterten Armenden. Die gut 30 cm starke Platte wurde 1932 drei Meter nördlich der Kapelle dicht unter der Erdoberfläche aufgefunden; sie wurde irgendwann - wohl zur Verstärkung des Untergrunds - flach in einen an der Kapelle vorbeiführenden Fußweg eingelassen. Ihr ursprünglicher Aufstellungsort ist unbekannt, dürfte aber nahe der Margaretenkapelle gelegen haben. Ob es sich bei diesem Stein … um ein Sühnezeichen für eine Gewalttat oder um ein einfaches Stationszeichen am Pilgerweg handelt, muss offen bleiben.
Text: Heinrich Rüthing
Der Wittekindsberg als Ort ‚vaterländischer‘ Besinnung
Am 1./ 16. Dezember 1810 wurde das Mindener Domkapitel durch König Jerôme von Westphalen, dem Bruder Napoleons, aufgehoben. Berg und Kapelle gingen nach der politischen Neuordnung von 1815 in den Besitz der staatlich-preußischen Forstverwaltung über. Damit drohten dem religiösen Leben auf dem Berg äußere und innere Gefahren; äußere durch Verfall, mögliche Zweckentfremdung oder gar den Abbruch der Margaretenkapelle. … Die traditionellen monatlichen Gottesdienste fanden nicht mehr statt. Der historisch so bedeutende Platz, obwohl als Friedhof noch für einige Zeit genutzt und dadurch weiterhin sakral mitgeprägt wurde jetzt frei und öffnete manchen neuen religiösen, aber auch gesellschaftlichen, politischen und ideologischen Strömungen des 19. und 20. Jahrhunderts die Chance, den Berg in ihrem Sinne zu nutzen.
Der geschichtliche Rang der Margaretenkapelle stand bei Fachleuten, Historikern und Denkmalpflegern, von Beginn der neuen Epoche an nie in Frage. 1824 schrieben zwei Mindener Regierungsbauräte nach Berlin: „Im Kreise Minden findet sich außer der alten Kapelle auf der Margarethen Klus kein merkwürdiges Monument der Vorzeit. Trotz dieser hohen Einschätzung verschlechterte sich der Bauzustand der nicht mehr genutzten Kapelle rapide. „Dieses historisch-ehrwürdige Bau-Denkmal war seit dem Jahre 1810 so sehr vernachlässigt worden, dass dasselbe dem Einsturz drohete." Leopold von Ledebur ... schrieb 1827… „Das Innere der Kirche liegt ganz wüst und leer, einen von Ziegelsteinen aufgebauten, mit einer großen Steinplatte belegten Altar etwa ausgenommen. Durch die vor einigen Jahren vorgenommene Reparatur, wobei die Mauern durch eiserne, zum Theil schon wieder gestohlene, Klammern zusammengehalten und befestigt worden sind, ist das Gebäude wohl hinreichend geschützt, um den hier hausenden Stürmen eine Zeitlang trotzen zu können..."
Als Ansporn und sicher auch als förderlich für das schließlich erfolgreiche Bemühen, die Margaretenkapelle zu retten, dürfte die in der Region immer stärker an Beachtung und Verbreitung gewinnende „Volkssage“ gewirkt haben, „dass hier der Sachsen Heerführer Wittekind, durch Karl's des Großen Besiegung zur Annahme des christlichen Glaubens gezwungen, die heilige Taufe empfangen habe …“. Durch Widukind wurde der Berg zu einem Ort „vaterländischer Geschichte“, „jedem deutschen Manne heilig“, an den sich von nun an altgermanische wie christliche Traditionen binden konnten, bis hin zu den verhängnisvollen Formen ihrer Verschmelzung in den dreißiger und vierziger ]ahren des 20. ]ahrhunderts.
Text: Heinrich Rüthing
Die Wittekinds-Quelle
Im Boom des Widukindkults gewann die etwa 50 m westlich der Margaretenkapelle gelegene Wittekindsquelle als der sagenhafte Bekehrungs- und Taufort des Sachsenherzogs und deshalb vielfach auch als „der heilige Born“ bezeichnet erhöhte Bedeutung. 1896/97 wurde die Quelle, deren Verschönerung die preußische Regierung schon 1829 angemahnt hatte, in einer romanisierenden Grotte nach Entwürfen des als Kirchenbauarchitekten bekannten Heinrich Friedrich Hutze († 1913) aus dem benachbarten Barkhausen aufwendig neu gefasst. Das von dem Bildhauer Wilhelm Bolte († 1941), der mit seinen Werken zahlreiche Kirchen des Münsterlandes ausgestattet hat, geschaffene Tympanon, das halbkreisförmige Relief über dem Eingang zur Grotte, hält den Moment fest, in dem Widukinds Pferd die Quelle freischarrt, ein Motiv, das in der Folgezeit wiederholt aufgenommen wurde. Die Initiative zur Errichtung des in der Waldlandschaft etwas klotzig wirkenden Bauwerks ging von dem Mindener Verleger Gustav Bruns († 1908) aus, der auch die Kosten trug.
Von der einst so repräsentativ gestalteten Brunnenanlage mit einem vorgelagerten Teich sind, seit die Quelle 1937/38 versiegte, heute nur noch wenige unansehnliche Relikte erhalten. Mit dem Versiegen der „auf dem heiligen Boden“ vermeintlich ewig sprudelnden Quelle und dem Austrocknen des Teichs verlor der Berg viel von seinem Reiz. Die Befürchtung, die das Mindener Tageblatt damals äußerte, war nicht unbegründet: „Damit ist eine der berühmtesten und anziehendsten Stätten auf dem heiligen Boden des Wittekindsberges der Gefahr ausgesetzt, langsam aber sicher an Bedeutung zu verlieren und vielleicht ganz zu verschwinden.“ Die Wittekindsquelle scheint dem Autor fast das wichtigste historische Zeugnis auf dem Berg gewesen zu sein: „Für das ganze Westfalenland, für das gesamte Niedersachsen, ja für ganz Deutschland ist die sagenumwobene Wittekindsquelle mehr als ein bloßer Wasserspender. Mit ihr ist ein Stück deutscher Geschichte verbunden, sie stellt in unserem Volkstum ein ureigenes Idol dar, das wir nicht missen möchten. Es wäre daher angebracht, wenn sich die zuständigen Stellen um die Ursachen und die Erhaltung der Wittekindsquelle bemühen würden.“ Als sich 1936 das Versiegen der Quelle bereits andeutete, schrieb die Malerin Ida Ströver … bissig warnend, die Bergbaufirma Klöckner solle ihre Stollen doch anders anlegen, „ohne unser Stammesheiligtum direct zu durchbohren … Eile tut not.“
Text: Heinrich Rüthing
Die Königslinde
Den äußerlich wohl glanzvollsten Tag sah die Margaretenklus am 23. August 1842, als König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt mit großem Gefolge zum ersten Mal die Westprovinzen seines Reiches besuchte. Am Morgen des feierlichen Tages überreichten Vertreter der Bauerschaften aus der Umgebung dem Königspaar zur Begrüßung ein Gedicht, in dem selbstverständlich auch von Widukind und seinem „Heeresbann“ die Rede war. Später führten die Repräsentanten Mindens die Majestäten „mitten unter dem zujauchzenden Volke“ auf den Wittekindsberg, „wo bis dahin noch kein Konig gewandelt“ und wo bereits am Abend zuvor, als der König verspätet in Minden eintraf, zu seinen Ehren ein Feuerwerk abgebrannt wurde, das allerdings infolge eines Signalfehlers zu früh gezündet wurde.
Der Besuch Friedrich Wilhelms auf dem Berg war langfristig vorbereitet worden, nicht zuletzt durch eine gründliche Restaurierung der Margaretenkapelle. Am 14. Juni 1842 heißt es in einem Schreiben der Mindener Regierung: ,,Des Königs Majestät haben die Wiederherstellung der Kapelle auf der Margarethenklus zu genehmigen und die dazu veranschlagten Kosten zu bewilligen geruhet." Das ,,Sonntagsblatt", die für den Mindener Raum wichtigste Zeitung, ließ es sich nicht entgehen, das auergewöhnliche Ereignis vom 23. August, an das bis heute die damals unweit der Kapelle gepflanzte ,,Königslinde" erinnert, ausführlich darzustellen. ,,Ein sehr bequemer, von Seiten des Forst-Departements eingerichteter neuer Weg führte, vom Försterhause neben der Chaussee ab, die Wagen bis zur Quelle auf dem Berge, woselbst Ihre Majestäten ausstiegen, Ihre Maj. die Königin jedoch auf einem bequemen Sessel bis zum Belvedere neben der Kapelle getragen wurden, woselbst Höchstsie die Vorstellung der hier anwesenden Damen anzunehmen geruhten. Hierauf verfügten Sic Sich in die hergestellte tausendjährige Kapelle, nahmen Platz auf den bereit stehenden Sesseln, um dem Vortrag des Gesanges von 100 Schullehrern, unter Leitung des bekannten Kantor Glänzer aus Petershagen, zuzuhören. . . . Nach etwa einer Stunde Aufenthalts verließen Höchstdieselben diesen, durch Naturschönheit ausgezeichneten Punkt auf der Höhe des Wittekinds-Berges." Die ,,Königlich privilegirte Berlinische Zeitung", besser bekannt als ,,Vossische Zeitung", vom 31. August 1842 berichtete weniger exakt als das Sonntagsblatt aus Minden. Nach deren Bericht zog der König statt zur ,,Margarethen-Klus" zum ,,Margarethen-Club, um daselbst ein von der Stadt angeordnetes Frühstück zu genießen."
Text: Heinrich Rüthing †
"Rummel" auf dem Wittekindsberg
Im 19. Jahrhundert war der Wittekindsberg beliebter und belebter als je zuvor. Dem letzten damals noch sichtbaren Zeugnis seiner mittelalterlichen Geschichte, der seit 1810 durch religiöse Tabus kaum noch geschützten Margaretenkapelle, drohte jetzt auch Gefahr durch den stetig ansteigenden Tourismus. Bereits 1817 ist von der Kapelle als einem „von Einheimischen und Fremden besuchten altem Denkmale“ die Rede… Die für den Berg und die Margaretenklus zuständige preußische Regierung in Minden ließ deshalb 1830 die Wege verbessern… Die Beamten gerieten dabei aber bald in einen Zielkonflikt. Einerseits war ihnen daran gelegen, den Besuch des Berges zu fördern und das Innere der kleinen Kirche als denkwürdiges historisches Monument für jedermann zugänglich zu machen, andererseits mussten sie dafür sorgen, „daß die wiederhergestellte Kapelle in gutem Stand erhalten und nicht zu unwürdigen Zwecken benutzt werde…"
Diese Gefahr bestand, zumal seit der Regierungspräsident 1829 angeregt hatte, „in Überlegung [zu] nehmen, ob sich nicht die Einrichtung einer Wirthschaft“ empfehle, „welche dann diesen eben so schön belegenen als geschichtlich berühmten Ort Besuchenden, Obdach und Erfrischung gewähren würde, mit dieser Kunstanlage, welche auch die Verschönerung und Benutzung der dortigen Quelle zu berücksichtigen hat.“
Da die Kapelle damals das einzige dauerhaft feste Gebäude auf dem Berg war, lag es für die spätestens seit 1838 in den Sommermonaten kontinuierlich bezeugten Schankwirte nahe, ihre Restauration in diesem soliden, aber zu jener Zeit religiös völlig vernachlässigten Bau einzurichten. 1842 mußte die Regierung erstmals gegen diesen Missbrauch einschreiten: „Jetzt aber wo dieselbe wiederhergestellt worden und als geschichtlich merkwürdiges Denkmahl der Vorzeit vielfach besucht wird, muß dieser Gebrauch der Kapelle zur Schankwirthschaft durchaus unterbleiben.“ Der Schanktisch und die „Schankgeräthschaften“ mussten nun auf der Wiese vor der Kapelle aufgestellt werden.
Die Margaretenkapelle sollte kein „Unterhaltungslocal“ werden, doch immer mehr Besucher erwarteten auf dem Wittekindsberg gerade Unterhaltung. Dort behalf man sich lange Zeit mit kleineren oder größeren Bretterbuden, die schnell wieder abgebrochen werden konnten. Ihnen folgte als größerer fester Bau „Harmenings Wirthshaus zur Kapelle“, bis schließlich 1893/95 von der „Aktien-Gesellschaft Porta Westfalica", die sich die touristische Erschließung des Gebiets um die Porta zum Ziel gesetzt hatte, mit Unterstützung der Regierung und teilweise mitfinanziert von der Brauerei „Feldschlößchen“ das Ausflugslokal „Zur Wittekindsburg“ errichtet wurde.
Der ausladende turmbewehrte Bau, der bis heute fast unverändert erhalten ist, wurde nun zum eigentlichen Anziehungspunkt auf dem Berg. Zur Attraktivität dieses Lokals trägt bis heute das riesige wild-romantische Ölgemälde mit der Darstellung des Quellwunders bei, das der Paderborner Maler Hans Mündelein 1904 für den Gastraum anfertigte. Die Aktiengesellschaft hatte mit dem Wittekindsberg viel vor. Er sollte, wie es anspruchsvoll heißt, zu einem „Ausflugsort großen Stils“ ausgebaut werden, denn das Angebot an konkurrierenden Plätzen für sonntägliche Landpartien war im Mindener Raum außerordentlich hoch.
Auf dem Berg sollten als „Volksbelustigungen“ Schießbuden und Kegelbahnen errichtet sowie Turngeräte aufgestellt werden. „Und nach dem Beispiel anderer ähnlicher Ausflugsorte wie Rigi, Drachenfels und unzähligen anderen gehört auch ein photographisches Atelier nach amerikanischem Schnellverfahren dazu.“ Der zuständige Forstmeister Paasch hielt unter Verweis auf die Heiligkeit des Ortes dagegen: „Die Kapelle und die Margarethenklus ist als eine der ältesten christlichen Cultusstätten und wegen der mit ihr verknüpften ehrwürdigen Traditionen . . . in breiten Kreisen lieb und werth.“ Die Regierung untersagte schließlich den Rummel „aus polizeilichen Rücksichten“, wie es knapp heißt.
Die bereits begonnenen Bauten, für die schon Bäume gefällt worden waren, mussten abgebrochen werden. Bei alledem rückte die Margaretenkapelle in den folgenden Jahren nicht nur optisch allmählich etwas an den Rand, auch wenn ihr in den - allerdings nur teilweise realisierten - Plänen zu einer barockartig anmutenden Gesamtgestaltung des Wittekindsbergs die Rolle eines Fluchtpunkts zugedacht warf“ Sogar das seit 1224 bezeugte Patrozinium der Margaretenkapelle geriet in Gefahr, denn in Reiseführern, auf Postkarten, Prospekten und in Zeitungsartikeln erscheint sie immer häufiger als „Wittekindskapelle". So hatte schon der spätere Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke den kleinen romanischen Bau genannt, als er im Sommer 1852 während eines Kuraufenthalts in Bad Oeynhausen den Berg bestieg.
Text: Heinrich Rüthing
Literatur
Heinrich Rüthing, Der Wittekindsberg bei Minden als »heilige Stätte«. 1000 bis 2000. Religion in der Geschichte – Kirche, Kultur und Gesellschaft 15. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008. ISBN 978-3-89534-685-9