Porta Westfalica- Barkhausen (kr). Ein besonderes Konzert an einem besonderen Ort. Im Mittelpunkt: eine außergewöhnliche Künstlerin und ihr besonderes Instrument. Die 22-jährige Harfenistin Zoe Knoop setzte einen fulminanten Schlusspunkt unter die Konzertreihe „Wittekindsberg“. Rund 100 Zuhörer hatten sich zum dritten und letzten Konzert der Saison 2016 in der Margarethenkapelle eingefunden.
„Das hatten wir lange nicht“, freute sich Jürgen Schünemann von der Gesellschaft zur Förderung der Archäologie in Ostwestfalen als Veranstalter über ein ausverkauftes Haus. Die gute Resonanz sah er auch als Ansporn, die seit 2014 existierende Konzertreihe mit jungen Künstlern im nächsten Jahr fortzusetzen.
Bei hochsommerlichen Temperaturen bot die zauberhafte Kapelle, in der es bei niedrigen Außentemperaturen schon mal empfindlich kalt werden kann, die perfekte Wohlfühl-Atmosphäre. Dafür, dass das Publikum nach knapp zwei Stunden mit einem guten Gefühl den Heimweg antreten konnte, sorgte Zoe Knoop mit ihrer Harfe. Nicht zuletzt machten ihre Einführungen in jedes Stück und ihre Einblicke in die Klangwelt der Harfe das Konzert zu einem kurzweiligen und erhellenden Erlebnis.
Die besondere Akustik in der spätromanischen Kapelle mit seinem kuppelartigen Kreuzgewölbe erwies sich als ideal, sodass Zoe Knoop die vielfältigen Möglichkeiten der Harfe vollends entfalten konnte. Bereits zum Auftakt zeigte die junge Künstlerin mit Benjamin Brittens „Suite for Harp“ faszinierende Einblicke in die klanglichen Gestaltungsmöglichkeiten ihres Instrumentes.
Mit den fünf Sätzen der von der Barockmusik inspirierten Suite - Ouvertüre, Toccata, Nocturne, Fuge und Hymne - schuf Britten 1969 ein solistisches Paradestück für die Harfe. In Zoe Knoops Umsetzung kommt die Virtuosität des Instrumentes sehr schön zur Geltung. Mal sind dumpfe und zarte Töne zu vernehmen, die eher an eine Laute erinnern. Mal scheinen wie im Nocturne die Töne, die Zoe Knoop mit der rechten Hand spielt, wie leuchtende Sterne am Abendhimmel zu tänzeln, während sie mit der linken Hand tiefe Töne und eine ruhige nächtliche Stimmung erzeugt.
Die Harfe, das wird schnell deutlich, hat weitaus mehr zu bieten als Glissandi und Arpeggien. Und sie kann, wie in der Hymne, mit meditativen Klängen wunderbar zum Träumen einladen. In Bachs „Suite e-Moll BWV 996“, das eigentlich für Laute geschrieben wurde, nimmt Zoe Knoop das Publikum mit auf eine tänzerische Reise durch Europa und zeigt besonders im temporeichen und mehrstimmigen sechsten Satz ihre enorme Fingerfertigkeit.
Nach der Pause wird es mit Luciano Berios „Sequenza II“ modern. Zoe Knoop kündigt „viele schräge Töne“ an und wählt zum Einstieg entgegen des ursprünglich geplanten Programms den ersten Satz aus dem Harfenkonzert in B-Dur von Georg Friedrich Händel.
Danach heißt es „Augen schließen, zuhören und in acht Minuten ist alles vorbei“, wie die sympathische Künstlerin ihrem Publikum empfiehlt. Die Augen offen zu halten, erweist sich als lohnenswert. Denn erst dann kann der Zuhörer entdecken, warum die junge Harfenistin Berios Werk ins Programm aufgenommen hat: Es lotet die nahezu grenzenlosen Möglichkeiten der Harfe auf eindrucksvolle Weise aus.
Mit schneller Beinarbeit erweitert Zoe Knoop die Klangvielfalt der Saiten auf den sieben Pedalen, die sich hinter dem Resonanzkörper der Harfe befinden. Scharfe und helle Töne wechseln sich ab mit den unterschiedlichsten Tönen, die durch Klopfen auf die Resonanzdecke entstehen. Das Publikum applaudiert sichtlich beeindruckt und darf sich beim nachfolgenden „Impromptu op. 86“ von Gabriel Fouré entspannt zurücklehnen. Mit lang anhaltendem Beifall verleiht es seiner Forderung nach einer Zugabe Nachdruck. „Mondschein auf dem Wasser“ lädt erneut zum Träumen ein.
© Mindener Tageblatt 2016. Text und Bild Kerstin Rickert